VERMEHRTES SCHWITZEN
Übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose)
Definition
• Lokalisiert oder generalisiert auftretendes, vermehrtes Schwitzen mit unterschiedlicher Ursache.
• Die primäre Hyperhidrose tritt beidseitig und ohne erkennbare Ursache auf.
• Die sekundäre Hyperhidrose tritt im Rahmen von Grunderkrankungen auf.
• Im Rahmen von Studien wurde für die Hyperhidrose der Hand eine Ruheschweißsekretion von > 20 mg/Handfläche/Min. definiert, für die Hyperhidrose der Achseln von > 50 mg/Achsel/Min.
Vorkommen
(USA): ca. 2,8% der Bevölkerung. (BRD): ca. 1-2% der Bevölkerung.
Ursache
• Physiologisch im Sinne der Temperaturregulation
• Konstitutionell (ohne erkennbare Ursache, anlagebedingt)
• Bei hormonellen Störungen (Schilddrüse, Nebennieren, Wechseljahre)
• Bei Erkrankungen Nervensystems
• Bei verschiedenen Hauterkrankungen
• Auslösung durch Medikamenteneinnahme
Therapie
Eine gründliche Ursachenforschung ist unabdingbar.
Die Hyperhidrose wird symptomatisch behandelt, wofür verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die je nach Lokalisation der Hyperhidrose unterschiedlich sind
Vorgehen nach einem kontrollierten Stufenplan:
◦ Reinigung und Hautpflege: Regelmäßige Hygiene der Achselhöhlen. Hierzu gehört das unter Umständen mehrfache tgl. Waschen der Achselhöhlen unter Verwendung desodorierender Syndets oder Seifen (Dermowas, Sebamed u.a.).
◦ Rasieren: Achselhaare entfernen, um Bakterienwachstum (Corynebacterium tenuis) zu hemmen
◦ Deodorants: Auftragen eines Deodorants mehrmals tgl. zur Neutralisierung des unangenehmen Achselgeruchs. Auch Puder haben sich bewährt.
◦ Bekleidung: Tragen möglichst weit geschnittener, atmungsaktiver Hemden und Unterhemden (keine Kunstfasern, stattdessen Baumwolle). Keine fest anliegenden Kleider.
◦ Antihidrotika: Zu den Antitranspiranzien zählen lokal aufgetragene chemische Mittel wie Gerbstoffe, Aldehyde und Aluminiumsalze, die besonders bei axilliärer Hyperhidrose eingesetzt werden.
◦ Iontophorese: Einsatz insbesondere bei vermehrtem Hand- und Fußschweiß, teilweise auch bei starkem Achselnässen eingesetzt. Nicht geeignet ist die Therapie für schwangere Frauen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen, Herzschrittmachern oder Endoprothesen. Initial: Therapieversuch mit 10 Min./Tag (Pulsstromgerät) 4-5mal/Woche über 3-4 Wochen. Bei nachgewiesener Wirksamkeit Fortsetzung als Heimtherapie mit 3-4 Behandlungen/Woche.
◦ Botulinumtoxin: Ein wesentlicher Fortschritt ist die Behandlung durch Botulinumtoxin A. Es führt zu einer Hemmung der Übertragung von Nervenreizen auf die Schweißdrüsenzellen und wird in erster Linie zur Behandlung der axilliären Hyperhidrose eingesetzt. Die Behandlung ist teuer; die Wirkung tritt zuverlässig ein. Sie ist zeitlich begrenzt (6-11 Monate), jedoch bei nachlassendem Effekt wiederholbar. Der Therapieerfolg wird nach 2-3 Wochen kontrolliert. Noch verbleibende hyperhidrotische Areale können ggf. nachinjiziert werden. Nebenwirkung: Schmerzhaftigkeit der Injektionen. Therapien mit Botulinumtoxin gehören in die Hand des erfahrenen Arztes!
• Systemtherapie:
Für die innerliche Anwendung stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung wie Salbeiprodukte (z.B. Sweatosan ) oder Anticholinergik (z.B. Methantheliniumbromid [Vagantin] oder Bornaprin [Sormodren]).
• Operative Behandlungen:
◦ Nach Versagen aller genannter Methoden können je nach Lokalisation verschiedene operative Methoden in Betracht gezogen werden. Bei der axillären Hyperhidrose können u.a. Schweißdrüsenkurettage und Exzision der Schweißdrüsenareale durchgeführt werden.
◦ Bei der Hyperhidrosis pedum et manuum, wie auch beim profusen Ganzkörperschwitzen kann bei Versagen anderer Therapieoptionen die endoskopisch thransthorakale Sympathektomie in Erwägung gezogen werden. Die Methode erfolgt als minimal invasiver Eingriff über einen endoskopischen Zugang; sie ist effektiv und dauerhaft wirksam.
Prophylaxe
Es empfiehlt sich, Situationen und Voraussetzungen zu meiden, die zu einer übermäßigen Schweißproduktion führen. Es ist wichtig, ein normales Körpergewicht anzustreben. Grundlegend hierfür ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Scharfe „schweißtreibende“ Gewürze, Alkohol, heißer Kaffee und Tee sowie Nikotin sollten reduziert werden. Zudem empfiehlt sich das Tragen einer atmungsaktiven, luftigen und nicht übermäßig warmen Kleidung (möglichst aus Naturfasern). Wichtig sind weiterhin Minderung und Bewältigung von Stress-Situationen, zu denen gut durchdachte Zeitpläne, Entspannungsübungen und entsprechende Ausdauersportarten oder ausgleichende Freizeitaktivitäten gehören.
Hinweis(e)
Nicht unterschätzt werden darf die Tatsache, dass die übermäßige Schweißproduktion für die Patienten nicht nur mit einem äußerst unangenehmen Körpergefühl mit möglicher Geruchsbelästigung verbunden ist, sondern auch einen starken Einfluss auf den Alltag in seinem sozialen Umfeld nehmen kann. Untersuchungen zur Lebensqualität ergaben die höchsten (!) Einschränkungen der Lebensqualität bei allen dermatologischen Erkrankungen. Bei Manifestation der Erkrankung an den Händen mündet dies bei vielen Patienten in Scham oder Angst, anderen Menschen die Hand zu geben. Bei der axillären Hyperhidrose ist für die Betroffenen häufig die sichtbare Durchfeuchtung der Kleidung das Problem. Als ebenso belastend empfunden wird häufig die eintretende Geruchsbelästigung. Hieraus können Einschränkungen der beruflichen Tätigkeit sowie eine soziale Vereinsamung resultieren.
(Quelle: P. Altmeyer: Enzyklopädie der Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin)